Am 9. Juni 2004 explodierte in der Keupstraße in Köln eine Nagelbombe. Leere breitete sich auf der sonst so lebendigen Straße aus. Die türkischen Bewohner*innen der Straße, denen der Angriff galt, waren fassungslos. Sieben Jahre nach diesem Anschlag enttarnte sich der NSU als Täter. Ungebremst, vom Verfassungsschutz ignoriert, konnte ein Netzwerk entstehen, das systematisch Migrant*innen vernichten will. Wem gilt der nächste rechtsextreme Angriff?
Leiden schafft Angst.
Im Wissen auf seinen bevorstehenden Tod spricht Jesus: Vater, lass diesen Kelch an mir vorübergehen.
Die Ermittlungen der Polizei führten immer wieder zu Ayfer Şentürk Demir, Ismet Büyük und anderen Bewohner*innen der Keupstraße. Sie wurden nicht nur befragt, sondern von den Beamt*innen unter Verdacht gestellt, selbst den Anschlag verübt zu haben. In der türkischen Community sei die Kriminalitätsrate hoch, die Affinität zu Gewalt groß. Nach welchen Grundsätzen wird hier ermittelt? Nach welchen Grundsätzen Recht gesprochen?
Leiden schafft Zweifel.
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
2018 wurde das Urteil im Prozess um den NSU gesprochen. Auf über 3000 Seiten ergeht kein Wort an die Opfer der vielen Mordanschläge, kein Wort erklärte die Taten als rassistisch. Die vielen Überlebenden und Angehörigen sind enttäuscht und wütend. Sie gründeten Initiativen mit dem Ziel, gemeinsam zu trauern und zu mahnen. Kein Schlussstrich!
Leiden schafft Widerstand.
Tief betrübt ist meine Seele bis zum Tode. Bleibt hier und wacht.
– Nina Kleinsorge • Vikarin in Geismar (Göttingen) –